Justizministerin Keller-Sutter sieht keinen Grund, warum Asylsuchende an den Grenzen anders zu behandeln sind als andere Ausländer*innen: «Sie können ihren Asylantrag ja auch in Italien stellen». Was als Aussage während einer Pressekonferenz zum Coronavirus noch als Kurzschlussreaktion abgetan werden könnte, bestätigt sich leider bei einem Blick in die Covid-19-Verordnung. Auch das SEM schreibt auf seiner Website: «Asylsuchende werden an der Grenze grundsätzlich gleich behandelt wie alle anderen Personen.» Faktisch bedeutet das, dass die Schweizer Grenzen für Asylsuchende und alle anderen Personen, die nicht über das Bürgerrecht, ein Aufenthaltsrecht oder einen beruflichen oder gewerblichen Einreisegrund verfügen, geschlossen sind. Gleichzeitig gilt im gesamten Schengenraum, dass die Aussengrenzen für nicht EU/EFTA-Angehörige geschlossen sind.

Seit Langem trägt die Schweiz das unmenschliche Grenzregime der EU mit und sieht auch heute noch keinen Anlass, Flüchtlingslager zu evakuieren. Damit lässt sie zu, dass Menschenrechte kontinuierlich verletzt werden. Mit der Grenzschliessung verschärft die Regierung die Lage von Geflüchteten zusätzlich. Die Situation in Italien lässt nicht den geringsten Zweifel offen, dass es dort für Asylsuchende keineswegs möglich ist, ihr Gesuch zu stellen und eine angemessene Unterbringung zu bekommen. Bei einem (jederzeit bevorstehenden) Ausbruch des Virus in den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland, aber auch ausserhalb der EU droht innert kürzester Zeit eine Katastrophe mit unzähligen Opfern.

Die DJS fordern die Schweiz auf, sich an ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen zu halten und dem Recht auf Asyl zur Durchsetzung zu verhelfen. Das heisst: Die Schweiz muss ihre Grenzen für Asylsuchende öffnen und sie angemessen und ohne Ansteckungsrisiko unterbringen. Letzteres gilt auch für jene, die bereits in der Schweiz sind. Das Recht auf Gesundheit muss für alle gewährleistet werden, unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Ausländer*innen, die sich momentan in Administrativhaft befinden, sollen angesichts der engen Verhältnisse und den damit erhöhten Gesundheitsrisiken sofort freigelassen werden. Es ist unverhältnismässig, sie im Hinblick auf ihre Wegweisung länger einem Ansteckungsrisiko auszusetzen und sie einzusperren, zumal die Durchsetzung der Wegweisung in nächster Zeit nicht möglich ist.

#HoldEuropeAccountable #HoldSwitzerlandAccountable

Siehe auch:

Mitteilung von kritnet vom 17. März 2020 "Aufnehmen statt Sterben lassen!"

Appell von Solidarité sans frontières