Viele Menschen, die in der Ukraine gelebt haben, sind vor dem Krieg in die Schweiz geflüchtet. Die Behörden haben in dieser Situation einen Umgang mit Geflüchteten ermöglicht, der bislang undenkbar schien. Das Bündnis unabhängiger Rechtsarbeit im Asylbereich[1], von dem die DJS Teil sind, hat sich Gedanken dazu gemacht, was das für die Zukunft einer menschenrechtsbasierten Asylpolitik bedeuten muss.

Die DJS sind überzeugt, dass der unterschiedliche Umgang mit Geflüchteten mit rassistisch-kolonialistisch strukturiertem Recht und seinen Institutionen zu tun hat. Darauf verweist auch der Umstand, dass Einreise- und Aufenthaltserleichterungen teilweise nur für ukrainische Staatsbürger*innen gelten und zum Beispiel Rom*nja aus der Ukraine auf der Flucht diskriminierende Behandlung erfahren. Auch vor dem Hintergrund internationaler Vereinbarungen ist die Schweiz der Rechtsgleichheit verpflichtet. Konkret erscheinen dem Bündnis und den DJS folgende Forderungen[2] elementar:

  • Bestehende Beziehungen bei der Kantonszuteilung berücksichtigen. Wer Familienmitglieder, Freund*innen und Bekannte in der Schweiz hat, soll im gleichen Kanton oder möglichst nah von diesen untergebracht werden, da ein bestehendes soziales Netz eine wichtige Unterstützung bietet.
  • Private Unterbringung ermöglichen. Die Möglichkeit, in Privathaushalten, bei Gastfamilien oder bei Verwandten unterzukommen, soll allen Geflüchteten zur Verfügung stehen.
  • Zugang zu Bildung und Arbeit. Die Teilnahme an Bildung und am Arbeitsmarkt gehört zu den elementaren, sozialen Bedürfnissen aller Menschen, weshalb es allen Geflüchteten offen stehen soll, ohne Wartefrist in der Schweiz arbeiten zu können und auch unkompliziert eine Ausbildung beginnen oder wieder aufzunehmen zu können. Auch vor diesem Hintergrund sollen bestehende Sprachkenntnisse bei der Kantonszuteilung berücksichtigt werden.
  • Familienzusammenführung statusunabhängig erleichtern. Durch eine Flucht werden Familien auseinandergerissen und Zurückgebliebene sind nicht selten gefährdet. Daher ist es umso wichtiger, für Personen im Asylverfahren eine gesetzliche Grundlage für die Familienzusammenführung zu schaffen und die Wartefrist für vorläufig aufgenommene Personen abzuschaffen.
  • Zugang zu psychologischer Beratung. Damit der Zugang zur nötigen psychologischen Betreuung für alle gewährleistet ist, sind standardisierte Screeninggespräche einzuführen sowie niederschwellige Unterstützungsangebote und die Übernahme von Übersetzungskosten zu fördern.
  • Integrationshilfen statusunabhängig gewährleisten. Sprachkurse, Sozialhilfe zum regulären Ansatz und weitere Integrationshilfen sollten für alle Personen statusunabhängig zugänglich sein.
  • Reisefreiheit gewährleisten. Die Reisefreiheit zu gewähren stellt kein Verfahrenshindernis dar. Personen im Asylverfahren, sowie vorläufig Aufgenommene soll deshalb auch erlaubt werden, die Schweiz zu verlassen und wieder einzureisen, etwa um Verwandte im Nachbarland zu besuchen.
  • Sichere und legale Fluchtwege für alle Schutzsuchenden. Schutzsuchende Personen müssen sehr gefährliche Fluchtwege auf sich nehmen, obwohl einfach legale Möglichkeiten bestehen könnten. Die strengen Voraussetzungen für humanitäre Visa müssen gelockert und das Botschaftsasyl soll wieder eingeführt werden.
  • Schutz vor Ausbeutung gewährleisten. Informationen zum Schutz vor Menschenhandel und Ausbeutung sind in allen relevanten Sprachen zur Verfügung zu stellen.
  • Ressourcen den Bedürfnissen anpassen. Die hängigen und neu eingereichten Asylgesuche dürfen nicht zurückgestellt werden, weshalb Bund und Kantone die nötigen Ressourcen bereitstellen sollen.

Um diese Forderungen umsetzen zu können, müssen Bund, Kantone und Gemeinden die nötigen finanziellen Mittel in Zusammenarbeit mit den Sozialpartner*innen zur Verfügung stellen und längerfristig budgetieren.

Melanie Aebli, Selma Kuratle & Annina Mullis, Vorstand DJS

 

[1] https://bündnis-rechtsarbeit-asyl.ch/

[2] Ein offener Brief an Karin Keller-Sutter fordert ebenfalls die Ermöglichung der privaten Unterbringung und eine Berücksichtigung von sozialen Verbindungen bei der Kantonszuteilung https://wecollect.ch/projekte/offener-brief-an-bundesratin-keller-sutter