14. Dezember 2020

Situation in kantonalen Notunterkünften gefährdet die Gesundheit 
Als Ende Februar die erste Welle der Corona-Pandemie in der Schweiz ausbricht, herrschen in den kantonalen Notunterkünften in Zürich katastrophale Zustände. Trotz Coronakrise bleiben selbst im unterirdischen Bunker in Urdorf Nothilfebeziehende untergebracht. Ärzte verlangen Schutzmassnahmen und die Schliessung des Bunkers, wo schlechte Luft und enge Platzverhältnisse dazu führen, dass das Risiko an Corona zu erkranken erhöht ist. Die Gesundheit der Menschen in den Notunterkünften, speziell im Bunker, wird durch nicht ergriffene Massnahmen massiv gefährdet. 

Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS), Solidarité sans frontières (Sosf) und sechs Betroffene aus den Notunterkünften reichen deshalb Ende Mai eine Strafanzeige ein. Diese richtet sich gegen Regierungsrat Mario Fehr und leitende Mitarbeitende des kantonalen Sozialamts sowie die Firma ORS Service AG, die für die Führung und Organisation der Nothilfeunterkünfte des Kantons Zürich verantwortlich sind. Ihnen wird vorgeworfen, vom 27. Februar bis mindestens zum 3. April 2020 ihre Schutz- und Handlungspflicht gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern und die Empfehlungen des Bundes zur Eindämmung der Corona-Pandemie in den Nothilfeunterkünften verletzt zu haben. Regierungsrat Mario Fehr bezeichnet die Strafanzeige umgehend als «politisch motivierte Fake-News». Die Zürcher Staatsanwaltschaft bleibt monatelang tatenlos.

Massenansteckung im Oktober
Am 2. Oktober werden Covid-Massenansteckungen im Bunker Urdorf bekannt. Damit bewahrheiten sich die Befürchtungen der Anzeigestellenden. Doch anstatt einzugestehen, dass die beengten Zustände und die fehlenden Schutzmassnahmen in den Notunterkünften die Betroffenen gefährdet, diffamiert die kantonale Sicherheitsdirektion die Geflüchteten.

Keine Untersuchung 
Da Regierungsratsmitglieder Immunität geniessen, wendet sich die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft an die Geschäftsleitung des Kantonsrats mit einem Gesuch um Ermächtigung der Strafuntersuchung gegen Regierungsrat Mario Fehr. Dies geschieht erst Ende Oktober. Doch die Geschäftsleitung des Kantonsrats lässt nicht wie vom Gesetz vorgesehen die Justizkommission oder den gesamten Kantonsrat entscheiden, sondern tritt auf das Gesuch überhaupt nicht ein. Die Geschäftsleitung entscheidet über das weitere Schicksal der Strafklage, ohne eigene Abklärungen vorgenommen zu haben. Sie verlässt sich auf eine Stellungnahme des angezeigten Regierungsrats sowie die Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft. Diese hat ihrerseits keinerlei Untersuchungen vorgenommen, sondern folgt der Annahme des zuständigen Staatsanwalts, wonach die Strafklage haltlos sei.

Beschwerde am Bundesgericht
Die Anzeigeerstattenden können sich nicht gefallen lassen, dass hier eindeutig politisch motiviert eine Strafuntersuchung verhindert werden soll. Sie haben am 9. Dezember gegen den Entscheid der Geschäftsleitung des Kantonsrats Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Sie verlangen, dass der Kantonsrat einen gesetzeskonformen Entscheid über Immunität von Regierungsrat Fehr fällt und dass die die Strafuntersuchung auch gegen ihn eröffnet werde.

Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz DJS und Solidarité sans frontières unterstützen diesen Gang nach Lausanne und fordern des weiteren die umgehende Anhandnahme der Strafuntersuchung gegen die verantwortlichen Amtspersonen und die Firma ORS Service AG.

Kontaktpersonen:

Melanie Aebli (DJS) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 078 617 87 17
Peter Frei (Sosf) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 076 386 87 51

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