Am Montag, 16. Juli 2012 beginnen in Istanbul Prozesse gegen 36 der 43 AnwältInnen, die im Zuge einer polizeilichen Operation im November 2011 verhaftet wurden. Mitunter wird eine Vertreterin der Demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS) gemeinsam mit weiteren europäischen Jurist_innen den Gerichtsprozess als „trial observer“ verfolgen. In der Türkei wurden seit 2009 rund 8000 Politiker_innen, Gewerkschafter_innen, Journalist_innen, Künstler_innen, Student_innen und Menschenrechtsaktivist_innen Opfer von Massenverhaftungen. Ein Grossteil der Verhaftungen fand im Rahmen der sogenannten „KCK Operation“ der türkischen Regierung statt. Die KCK ist die Union der kurdischen Gemeinden, ein von Abdullah Öcalan gegründeter politi- scher Dachverband. Die türkische Regierung wirft der KCK Verbindungen zur Kurdischen Arbeiterpartei PKK vor.

Im November 2011 wurden in verschiedenen türkischen Provinzen zeitgleich 43 Anwält_innen verhaftet, die Angeklagte in KCK Prozessen vertraten. Anlass für die Festnahmen sah die türkische Regierung darin, dass die Anwält_innen gemeinsam verlangten, sich mit ihren Mandantinnen am Gericht in kurdisch zu verständigen,um sie EMRK-konform vertreten zu können. Bis heute sind ohne gerichtliche Verfahren 36 AnwältInnen inhaftiert. Anwält_innen in der Türkei sind zwar ständig mit Angriffen auf das Recht auf Verteidigung konfrontiert, jedoch stellen diese Verhaftungen einen neuen Höhepunkt der Verletzung von Menschenrechten dar.

Die DJS berichteten bereits Januar 2011 über die Missstände und Menschenrechtsverletzungen, als die European Lawyers for Democracy and Human Rights (ELDH; www.eldh.eu) Proteste in verschiedenen europäischen Städten organisierten.
Während vom 2. - 12. Juli 2012 die Prozesse gegen 193 Aktivist_innen und Journalist_innen stattfanden, stehen vom 16. – 18. Juli 2012 die besagten 36 Anwält_innen in Istanbul vor Gericht. Simone Rebmann, Juristin aus Bern und Vorstandsmitglied der DJS sowie der ELDH, reist zusammen mit weiteren europäischen Jurist_innen sowie Anwält_innen zur Prozessbeobachtung nach Istanbul.
Die ELDH, deren Mitglied die DJS sind, fordern die Aufgabe der politischen Verhaftungen, die Freilassung der politischen Gefangenen, die Abschaffung der menschrechtswidrigen sog. Antiterrorgesetze, sowie eine internationale, unabhängige Untersuchung der bisherigen Verhaftungen und Gerichtsprozesse.

pdf Protestschreiben_ELDH