„An einer sehr gut besuchten Gründungsversammlung (Anm.: über 100 Jurist_innen) im Berner Volkshaus konstituierte sich heute Samstag die Vereinigung „Demokratische Juristen der Schweiz“. Sie setzt sich zum Ziel, in Zusammenarbeit mit den gewerkschaftlichen und politischen Organisationen der arbeitenden Bevölkerung und anderen fortschrittlichen Organisationen die demokratischen Rechte und Freiheiten zu verteidigen und auszubauen. Die Vereinigung will Reformen erarbeiten und fördern, die auf die Demokratisierung von Rechtsnormen, Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz oder die Erleichterung der Erlangung von Rechtsschutz ausgerichtet sind. In diesem Rahmen will sie sich auch für die materiellen, politischen und beruflichen Interessen von im juristischen Bereich Tätigen einsetzen.“

 Mit diesen Worten beginnt das Pressecommuniqé der DJS vom 11. November 1978. Vor genau 40 Jahren wurde der schweizerische Dachverband gegründet, nachdem in den beiden Jahren zuvor schon die Sektionen Basel, Bern, Genf, Waadt und Zürich entstanden waren.
Der Verband widmete sich als erstes dem Abstimmungskampf gegen die Bundessicherheitspolizei und der Unterstützung von Anwält_innen im sogenannten „Pruntruter Terroristenprozess“, im Zuge dessen den beiden Strafverteidigern mit Disziplinarmassnahmen gedroht worden war. Der Staatsschutz, dessen fleissigen Tätigkeiten wir die gute Dokumentation der Anfangsjahre verdanken, beurteilte die DJS 1981 als „Vertreter der extremen Linken, die u.a. gegen Trennscheiben zwischen Klienten und Verteidigern, gegen den Entzug des Anwaltspatentes von Mitgliedern des Zürcher Anwaltskollektivs und vor allem ganz allgemein gegen jede Ausdehnung des Staatsschutzes“ kämpfen.
40 Jahre später wird keinem der DJS Anwält_innen mit dem Entzug des Patentes gedroht, weil sie oder er des „Terrorismus“ Beschuldigte vertritt. Wir stehen teils ähnlichen, aber vielen neuen Herausforderungen gegenüber und die Schwerpunkte haben sich verschoben. So standen in den letzten Jahren beispielsweise die Verschärfungen im Asylrecht, die Bedingungen in der Untersuchungshaft, die Prozessbeobachtungen u.a. in der Türkei, das zunehmende Präventionsstrafrecht oder die Observation von Versicherten im Fokus der Tätigkeiten. Aus den „Juristen“ wurden die „Jurist_innen“, aus dem ehemaligen Vereinsorgan „Volk + Recht“ wurde das plädoyer, das nicht mehr vom Verein herausgegeben wird und aus dem Generalsekretär wurde die Geschäftsleiterin. Bis heute versteht sich der Verein aber sowohl als politische Organisation als auch als Berufsverband, der sich für die vom Recht Benachteiligten einsetzen will und „konsequent wider die Instrumentalisierung des Rechts durch die Macht eintritt“, wie es Stephan Bernard in seinem Zitat auf der DJS Website treffend ausdrückt.

Dieses Jubiläum zum Anlass genommen und einer Auswahl an Themen folgend, die uns in den letzten 40 Jahren beschäftigt haben und uns in Zukunft beschäftigen werden, veranstalten die DJS zwischen dem 23. Oktober und dem 18. Dezember 2018 im Kino der Reitschule Bern sechs öffentliche Themenabende.
Neben vier Filmvorführungen über Aktivistinnen in der Türkei (Hevî), der Wichtigkeit der strafrechtlichen Aufarbeitung von Verbrechen während der Franco Diktatur (The Silence of others), Flucht und Seenotrettung (#MyEscape) und die Verwendung von Big Data als Grundlage für polizeiliche Ermittlungen (Pre-Crime) wird an einem Abend der Staatsschutz und die Überwachung als politisches Mittel thematisiert. Am 16. November 2018 wird an der eigentlichen Jubiläumsveranstaltung die DJS Publikation veröffentlicht, in der sich über 20 Mitglieder der DJS aus den verschiedenen Regionen zu konkreten Themen äussern. Ihr seid alle ganz herzlich willkommen!

Melanie Aebli, Geschäftsleiterin DJS

Text erschienen im plädoyer 5/2018