Vernehmlassung zur
Einführung des biometrischen Passes – Vorentwurf zur Änderung des Gesetzes und der Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige
Vernehmlassungsfrist 30. September 2005

Bern, den 28. September 2005


Bundesamt für Polizei
Fedpol
3003 Bern


Sehr geehrter Herr Bundesrat Blocher
Sehr geehrte Damen und Herren

Gerne nehmen wir im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zu Einführung eines biometrischen Passes wie folgt Stellung:


Grundsätzliches

Mit einem Entwurf des Ausweisgesetzes und der Ausweisverordnung werden einerseits die rechtlichen Grundlagen für ein Pilotprojekt geschaffen zur befristeten Herausgabe von biometrischen Pässen. Dabei soll das Pilotprojekt gestützt auf die Verordnung vor der Verabschiedung des Gesetzes beginnen (vgl. Erläuterungen zu Art. 61ter des Verordnungsentwurfs). Die breitflächige Bearbeitung biometrischer Daten beginnt also vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen, was u.E. einen Verstoss gegen das Bundesgesetz über den Datenschutz darstellt.

Ist die Teilnahme an dem Pilotprojekt noch freiwillig, bezweckt der Gesetzesentwurf die definitive Einführung biometrischer Ausweise für alle Schweizer Staatsangehörige. Zwar heisst es in Art. 2 Abs. 1bis des Gesetzentwurfs, dass der Ausweis biometrische Daten enthalten kann. Unklar bleibt jedoch, ob dies bedeutet
- dass die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft wählen können, ob sie einen Pass oder eine Identitätskarte mit oder ohne Biometriechip oder
- dass der Bundesrat entscheiden kann, dass in Zukunft alle Ausweise mit einem solchen Chip ausgestattet werden.

Da das Gesetz schon bisher nicht mehr zwischen Pass und Identitätskarte unterscheidet, sondern beide Dokumente unter dem Begriff „Ausweis“ subsumiert, ist zu vermuten, dass auf seiner Grundlage auch die Einführung von biometrischen Identitätskarten angestrebt wird.

Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS) fordern deshalb, dass der biometrische Pass weiterhin die Ausnahme bleiben muss, bzw. dass künftig die Wahlfreiheit bestehen bleibt zwischen einem Pass mit oder ohne biometrischen Daten.

Bürgerinnen und Bürger, die nicht in die USA reisen wollen, werden auch weiterhin keinen biometrischen Pass brauchen. Sie müssen deshalb die Möglichkeit haben, einen normalen Pass ohne Biometriechip zu erhalten. Eine fächendeckende Erfassung von Fingerabdrücken oder anderen Identifikationsmerkmalen muss verhindert werden. Gleichzeitig sind die Schutzmechanismen für diejenigen, die diesen biometrischen Pass brauchen, auszubauen. Eine bedenkenlose Anpassung, einen vorauseilenden Gehorsam gegenüber den USA und den Polizeiministern der EU darf es nicht geben.

Dies soll im folgenden näher erläutert und begründet werden.

1. Zum Begriff „biometrische Daten“ und zu den grundsätzlichen Gefahren dieser Technik

Der vorliegende Entwurf verwendet zwei unterschiedliche Begrifflichkeiten für Biometrie und biometrische Daten:
- Eine falsche und verharmlosende, enthalten im erläuternden Bericht: Hier werden biometrische Daten allgemein als Informationen über bestimmte körperliche Eigenarten verstanden. Solche Daten seien bereits jetzt im Pass und auf der ID enthalten, wo sich in der Tat nicht nur ein Foto, sondern auch Angaben über Körpergrösse und Augenfarbe finden. Auf dem Chip des biometrischen Passes kämen nun zusätzlich das digitalisierte Gesichtsbild, die Fingerabdrücke oder/und die Augeniris hinzu.
- Im Vorentwurf zur Revision des Ausweisgesetzes selbst werden dagegen richtigerweise die digitalisierten Informationen (Fingerabdrücke, digitalisiertes Gesichtsbild, Irismuster) von den üblichen Daten unterschieden. In Art. 2 Abs. 1bis neu heisst es zutreffend: „Er (der Ausweis) kann überdies biometrische Daten der Inhaberin oder des Inhabers (digitalisiertes Gesichtsbild, Fingerabdrücke, Irismuster) enthalten“. Und weiter in Art. 2a Abs. 2 neu: „Die biometrischen Daten werden auf einem Datenchip gespeichert. Die übrigen Daten können ebenfalls auf einem Datenchip gespeichert werden.“ Biometrische Daten haben eine besondere Qualität und besondere Gefährlichkeit, die im erläuternden Bericht unterschlagen werden.

Unter Biometrie versteht man die automatische Wiedererkennung einer Person anhand spezifischer Merkmale. Bei biometrischen Verfahren geht es um den maschinellen Abgleich der realen Eigenarten einer Person mit Daten, die auf einem Datenträger enthalten sind – einem Chip oder/und einer Referenzdatenbank. Für einen solchen Abgleich eignen sich nur bestimmte Daten, die einerseits die möglichst genaue Identifikation einer Person zum Ziel haben und andererseits schnell lesbar sind. DNA-Profile erfüllen beispielsweise das erste Kriterium, aber weil ihre Erstellung nicht innerhalb weniger Sekunden möglich ist, nicht das zweite.

International haben sich deshalb tatsächlich die drei in Art. 2 Abs. 1bis neu genannten Daten durchgesetzt. Damit eine solche automatische Wiedererkennung von Daten möglich wird, bedarf es jedoch einer vorgängigen Erfassung. Die grundsätzliche und generelle Einführung biometrischer Pässe (und Identitätskarten), für die der vorliegende Entwurf die gesetzlichen Grundlagen schafft, beinhaltet damit die Perspektive, dass innerhalb einer gewissen Zeit die gesamte Bevölkerung erfasst und damit identifizierbar würde.

Was das bedeutet, wird vor allem an der Verwendung von Fingerabdrücken augenfällig: Bisher gibt es nur eine Gruppe der Bevölkerung, die ausnahmslos daktyloskopiert wird: näm-lich die Asylsuchenden. Alle anderen Personen dürfen nur im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen (oder in bestimmten Fällen des Polizeirechts) einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen werden. Mit der generellen Einführung biometrischer Ausweise würde demnach die gesamte Bevölkerung „wie die Verbrecher“ behandelt.

Eine flächendeckende Erfassung von Fingerabdrücken gab es bisher nur in autoritären Staaten oder in solchen, die nicht vollständig mit der autoritären Vergangenheit gebrochen haben. Die 1940 von Diktator Franco eingeführte spanische Identitätskarte enthielt Fingerabdrücke, wobei vollkommen klar war, dass diese auch zur weiteren polizeilichen Nutzung dienten.

Die Ausweis-Datenbank des Bundesamtes für Polizei ist zwar heute vom polizeilichen Fingerabdruck-Informationssystem AFIS getrennt. Auf erstere soll auch nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf nur unter bestimmten Voraussetzungen polizeilich zurückgegriffen werden. Die Einführung eines technischen Instrumentariums beinhaltet aber die Gefahr, dass die heute noch vorgesehenen rechtlichen Barrieren in einigen Jahren beseitigt werden, wie das auch in anderen Fällen geschehen ist.

Von daher fordern die DJS, dass von vorneherein zwingend technische Hindernisse eingebaut werden müssen:

- Für den biometrischen Ausweis darf nur der Abdruck eines Fingers – statt zehn
Finger wie in AFIS – verwendet werden.
- Statt eines Gesichts-Scans (einer Gesichtsvermessung mit bis zu 1800 Messpunkten wie im Vereinigten Königreich geplant) darf für den Ausweis nur ein digitalisiertes Bild verwendet werden. Das Merkmal Irismuster sollte erst gar nicht eingeführt werden.
- Diese technischen Spezifikationen dürfen auf keinen Fall dem Bundesrat zur Regelung auf dem Verordnungswege überlassen werden, wie das im vorliegenden Entwurf – Art. 16 neu – geplant ist, sie müssen abschliessend im Gesetz aufgezählt werden damit sie der politischen Kontrolle unterstellt bleiben.


2. Zur Bewertung der internationalen Situation
Der Bundesrat bezieht sich im Erläuternden Bericht auf das „internationale Umfeld“, das die Einführung biometrischer Ausweise erfordere und (als ersten Schritt) ein Pilotprojekt rechtfertige. Er bezieht sich dabei auf drei Punkte:
- die Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO
- die Verordnung des Rates der Europäischen Union und
- die Forderungen der USA.

Die Darstellung, dass dieses Umfeld die Schweiz zu einer Anpassung zwinge, ist zumindest irreführend. Richtig ist, dass die ICAO Standards für internationale Reisedokumente empfiehlt und dass sie nun, aufgrund des grossen Einflusses den die USA und die Staaten der EU in dieser Organisation haben, die Einführung biometrischer Pässe befürwortet. In einer Presseerklärung vom 11. Juli 2005 (PIO 07/05) kündigte die Organisation an, sie wolle „later this year“ technische Spezifikationen für „e-passports“ in der sechsten Auflage des Dokuments 9303, Teil I, vorlegen.

Für die 188 Mitgliedstaaten verpflichtend ist allerdings nur die Einführung maschinenlesbarer Pässe – und zwar bis zum Jahre 2010. Die Schweiz hat diese Forderung mit der Einführung des Passes 2003 erfüllt. Dieser besitzt die geforderte optische Lesezone. Insgesamt haben bisher nur 110 Mitgliedstaaten diese Forderung erfüllt. Weitere 11 Staaten haben zwar Pässe mit den entsprechenden Spezifikationen eingeführt, dies aber noch nicht bei der Organisation gemeldet. Damit bleiben 67 ICAO-Staaten, die Mangels technischer oder finan-zieller Ressourcen zu einer solchen Einführung nicht in der Lage sind.

Nur „mehr als 40 Staaten“, darunter die 25 Staaten der EU, haben laut derselben Presseerklärung angekündigt, bis 2006 die maschinenlesbaren Pässe mit einer optischen Lesezone durch einen Chip mit biometrischen Daten aufzurüsten. Angesichts der Tatsache, dass ein Drittel der ICAO-Mitgliedstaaten nicht einmal maschinenlesbare Pässe eingeführt hat, geht von den Wünschen und Empfehlungen der ICAO auf längere Sicht keine Verpflichtung für die Schweiz aus, biometrische Pässe einzuführen.

Dasselbe gilt für die Verordnung des Rates der EU. Diese Verordnung ist unter Bedingungen zustande gekommen, die demokratischen Standards der Gesetzgebung Hohn sprechen – das EU-Parlament wurde nur konsultiert, es führte seine Debatte auf der Grundlage einer nicht mehr aktuellen Vorlage. Die Verordnung ist nur verpflichtend für die EU-Staaten. Schweizer Bürgerinnen und Bürger können in die EU mit ihrer Identitätskarte einreisen, brauchen also keinen Pass und kein Visum. Die EU hat auch nicht damit gedroht, in Zukunft Schweizerinnen und Schweizer von der visums- oder passfreien Einreise auszuschliessen. Die Schweiz kann daher die Verordnung des Rates komplett ignorieren, wie sie das auch an anderen Punkten der EU-Gesetzgebung tut.

Nur die USA drohen Staaten, die keinen biometrischen Pass einführen, mit dem Ausschluss vom Visa Waiver Program, im Klartext: mit der Visumspflicht. Bezeichnenderweise gehören die USA nicht zu den „mehr als 40 Staaten“, die laut der zitierten ICAO-Presseerklärung die Einführung biometrischer Pässe planen. Der Zwang gilt nur für die anderen!

Vor diesem Hintergrund ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen für die schweizerische Gesetzgebung:

- Nur jene Personen, die in die USA reisen wollen oder dies aus beruflichen oder sonstigen Verpflichtungen müssen, brauchen einen Pass mit einem Biometrie-Chip.
- Weil dem so ist, sollte der biometrische Pass nur ein zusätzliches Reisedokument sein, das die Bürgerinnen und Bürger beantragen können, so sie das wollen oder müssen. Für alle anderen muss der bestehende Pass 2003 das normale Reisedokument bleiben, zur Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrecht und nicht zuletzt auch aus Kostengründen.
- Das gesamte Ausstellungsprozedere kann für den normalen Pass bestehen bleiben. Bürgerinnen und Bürger, die nur einen Pass 2003 ohne Biometrie-Chip brauchen, sollten diesen weiterhin bei ihren Gemeindebehörden beantragen können.
- Im Gesetz und in der Verordnung sind daher die Bestimmungen über den Biometrie-Pass vollständig von denen über sonstige Ausweise zu trennen.
- Weil der biometrische Pass nur notwendig ist, um in die USA zu reisen, ist auch sicherzustellen, dass die biometrischen Daten im Inland nur von den ausstellenden Behörden gelesen werden können. Alle weiteren Verwendungen sind zu verhindern.


Aufgrund dieser Ausführungen schlagen wir folgende gesetzliche Anpassungen vor:

a) Regelung über biometrische Pässe im Ausweisgesetz

Art. 1 – neu einzufügen: Auflistung der Ausweisarten

Um eine saubere Trennung des biometrischen Passes von allen anderen Ausweisarten zu bewirken, sollte die Definition der Ausweisarten in Art. 1 des Gesetzes aufgenommen werden. In Abs. 3 sollte es deshalb heissen:

„Ausweisarten sind die Identitätskarte, der Pass sowie der biometrische Pass, mit dem sich der Inhaber oder die Inhaberin ausschliesslich gegenüber Staaten ausweist, die bei der Einreise den Nachweis der Identität mithilfe biometrischer Daten fordern. Der Bundesrat regelt die Besonderheiten …“ (weiter wie bisher: Diplomaten- und Dienstpässe).

Mit dieser Aufzählung ist einerseits klar, dass der biometrische Pass von allen „normalen“ Pässen unterschieden wird und dass es eine biometrische Identitätskarte nicht geben wird.
Klar ist damit auch, dass jede Bürgerin und jeder Bürger die Möglichkeit haben sollte, sowohl einen Biometrie-Pass als auch einen normalen Pass zu besitzen, mit dem er oder sie sich zum Beispiel in Ländern der EU ausweisen kann, die zwar auch biometrische Pässe und Lesegeräte einführen werden, in denen jedoch für Schweizerinnen und Schweizer keine Pflicht besteht, solche Daten bei der Einreise offen zu legen.


Art. 2 – Daten in Pässen und Identitätskarten

In Abs. 1 sollte es statt „Ausweis“ heissen:
„Identitätskarten und Pässe enthalten folgende Daten ….“
Der jetzt vorgesehene Abs. 1bis sollte nicht aufgenommen werden. Stattdessen sollte der bisherige Abs. 2, der im Entwurf in den Art. 2a verschoben wurde, bleiben. An die Stelle der Worte „in maschinenlesbarer Form“ sollte die präzisere Bezeichnung „in einer optischen Lesezone“ treten. Dies unterscheidet die normalen Ausweise von den biometrischen Pässen.

Art. 2a – Daten in biometrischen Pässen

Hier kann im Wesentlichen die Struktur des im Entwurf vorgeschlagenen Art 2a neu übernommen werden.
Abs. 1 sollte lauten:
„Biometrische Pässe enthalten neben den Daten nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a bis d, f und k bis m auch folgende biometrische Daten: den Abdruck des Zeigefingers der linken Hand und ein digitalisiertes Gesichtsbild.“

Abs. 2 und 3 bleiben
Abs. 4 sollte folgendermassen lauten:
„Der Bundesrat ist befugt, völkerrechtliche Verträge über das Lesen und die Kontrolle von biometrischen Pässen mit den Staaten abzuschliessen, die für die Einreise von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern biometrische Pässe verlangen. Er kann Transportunternehmen zum Auslesen der biometrischen Daten ermächtigen, sofern dies für die Kontrolle der Identität der Passagiere bei Reisen in Staaten erforderlich ist, mit denen der Bundesrat die genannten völkerrechtlichen Verträge geschlossen hat.“

Gegebenenfalls ist hier eine Bestimmung einzufügen, die Missbräuche durch Transportunternehmen oder deren Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter mit einer empfindlichen Strafe bedroht.

 

Art. 5 – Antrag auf Ausstellung wie bisher bei den Gemeinden

Die Antragstellung sollte weiterhin bei den Wohnsitzgemeinden möglich sein. Eine Zentralisierung bei wenigen kantonalen Stellen ist bürgerunfreundlich. Allenfalls sollten die Kantone die Möglichkeit haben, bestimmte Zentren zu benennen, die eine schnellere Ausgabe biometrischer Pässe ermöglichen. Für die Ausgabe normaler Pässe und Identitätskarten reicht das bisherige Verfahren.

Art 11 – Informationssystem, Art. 12 – keine Abfragemöglichkeit biometrischer Daten

Um die Trennung zwischen normalen Pässen und Identitätskarten einerseits und den biometrischen Pässen andererseits sicherzustellen, ist auch eine Trennung im Informationssystem (Art. 11 des bestehenden AWG) erforderlich. Die beste technische Lösung besteht darin, für die biometrischen Pässe ein eigenes Informationssystem aufzubauen. Mindestens müssen die biometrischen Daten im bestehenden ISA so gespeichert werden, dass sie nur zur Ausfertigung des Biometriepasses abfragbar sind.
Auch bei einem Verlust des Biometriepasses brauchen Bundesamt für Polizei und Polizeistellen der Kantone nur zu wissen, dass biometrische Daten vorliegen. Eine Abfrage dieser Daten selbst ist nicht erforderlich.
Da der biometrische Pass nur für die Reise in die USA (bzw. andere Staaten, die solche Daten allenfalls einmal verlangen werden) dient, brauchen die Schweizer Grenzkontrollbehörden keine Lesegeräte. Die Identität einer Person kann wie bisher abgeklärt werden.

Art. 16 – Bezug auf die ICAO und die EU

Da es bei neuen Formaten von Ausweisdokumenten regelmässig um die Bearbeitung von Daten geht, reicht ein pauschaler Hinweis auf die Beschlüsse der ICAO oder der EU nicht aus. Für Änderungen des Formats kommen Bundesrat und Parlament nicht um eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen herum. Alles andere wäre Gesetzgebung auf Vorrat. Der Verweis auf ICAO und EU ist deshalb zu streichen.


b) Regelungen über biometrische Pässe in der Ausweisverordnung

Analog zu den vorgeschlagenen Änderungen im Gesetz fordern die DJS Änderungen im Entwurf der Verordnung. Dies betrifft u.a. folgende Artikel:

Art. 1
Hier muss der biometrische Pass als eigenständiges Dokument neben Pass und Identitätskarte aufgeführt werden.

Art. 2
Hier sollte es bei der bisherigen Aufzählung der Passarten bleiben. In einem Artikel 2a wäre festzuhalten, dass zusätzlich zu den Pässen in Art. 2 auch biometrische Pässe ausgestellt werden können. Die biometrischen Daten auf dem Chip sind wie oben dargestellt zu reduzieren auf das digitalisierte Gesichtsbild und den Abdruck eines Fingers. Im Gegensatz zum Verordnungsentwurf geht der Vorschlag der DJS davon aus, dass Bürgerinnen und Bürger sowohl einen biometrischen als auch einen ordentlichen Pass haben können.

Art. 14a
In Absatz 1 sind die biometrischen Daten zu reduzieren auf einen Fingerabdruck. Im folgenden müsste es anstelle von „Fingerabdrücke“ jeweils „Fingerabdruck“ heissen.

Art 28 und 30
Bereits in der bestehenden Fassung der Verordnung ist als Zweck des Informationssystems u.a. die Kontrolle der Identität vorgesehen. Der ursprüngliche Zweck des für die Identitätskarte 1994 aufgebauten Systems bestand in der Ausstellung und Verwaltung von Ausweisschriften. Die DJS befürworten eine Rückkehr zu dieser Idee. In jedem Falle lehnen die DJS die jetzt vorgesehene Erweiterung in Art. 28 Bst. a ab: Der Einsatz des Informationssystems zur Kontrolle der Identität „anhand der biometrischen Daten“ hat zu unterbleiben. Die biometrischen Daten dienen nur des Nachweises der Identität in jenen Staaten, die diesen Nachweis verlangen – also derzeit den USA.

Dementsprechend sollten die biometrischen Daten auch nicht für die kantonalen Polizeistellen oder das Grenzwachtkorps abgerufen werden können. Die Einschränkung, dass es dafür der Zustimmung der betroffenen Person bedarf, ist realitätsfremd. Eine polizeiliche Kontrolle an der Grenze oder im Inland ist immer eine Zwangssituation. Schliesslich können Personen nach dem Polizeirecht der meisten Kantone bis zu zwölf Stunden zur Klärung der Identität festgehalten werden.
Wenn überhaupt, dann darf die Abfrage nur anhand der Ausweisnummer erfolgen. Das Informationssystem Ausweisschriften ISA ist kein Fahndungssystem, dafür gibt es RIPOL.

Art. 37a
Wie oben dargelegt, halten die DJS die Trennung des bestehenden Informationssystems ISA von dem Informationssystem für Biometriepässe für die brauchbarste Lösung, um Gelüste für Identitätskontrollen anhand biometrischer Daten klar auszuschliessen. Insofern sollte auch nach dem Ende des Pilotversuchs das in Art. 37a vorgesehene Informationssystem nicht ins ISA übernommen werden. Denkbar wäre allenfalls, im ISA zu Verwaltungszwecken die Existenz eines biometrischen Passes zu notieren. Das Informationssystem für die Biometriekontrollstellen sollte in keinem Falle für den Zugang von Polizeistellen oder des Grenzwachtkorps geöffnet werden.


c) Verweigerung von Pässen im Ausland – Art. 6 Abs. 2 Ausweisgesetz

Jenseits der Veränderungen hinsichtlich der Einführung biometrischer Pässe enthält der Entwurf des Ausweisgesetzes eine weitere gravierende Verschärfung, die die DJS nicht hinnehmen können. Gemäss Art. 6 Abs. 2 neu muss die Ausstellung eines Passes durch eine Auslandsvertretung der Schweiz immer verweigert werden, wenn eine Person wegen einer Straftat verfolgt wird oder verurteilt wurde, die nach schweizerischem Recht ein Vergehen oder ein Verbrechen darstellt. Bisher enthielt der Artikel immerhin noch einen Verweis auf den schweizerischen ordre public, der die Ausstellung eines Passes immerhin noch erlaubte, wenn die Strafverfolgung in dem betreffenden Staat unverhältnismässig ist oder zu Folter, Todesstrafe oder degradierender Behandlung führen kann.

Die Streichung dieses Verweises wird damit begründet, dass die Schweiz keine Fluchthilfe für Kriminelle leisten wolle. Diese Argumentation ist skandalös, weil sie letztendlich in Kauf nimmt, dass Schweizerinnen und Schweizer in Diktaturen oder autoritären Staaten schutzlos bleiben. Die Legitimität eines Staates besteht allen voran darin, dass er Leben und Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger schützt. Die DJS gehen davon aus, dass der Bundesrat nicht ernsthaft daran interessiert sein kann, diese Legitimität aufzugeben.


Wir hoffen, dass unsere Darlegungen in die künftige Gesetzgebung einfliessen können und verblieben mit freundlichen Grüssen


Catherine Weber
DJS Geschäftsführerin