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23. Januar 2023

Stellungnahme zur Teilrevision des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG)

Änderung Teil 2 (elektronischer Rechtsverkehr)

Auszug der Stellungnahme vom 23. Januar 2023

Direktion für Inneres und Justiz, Rechtsamt
Münstergasse 2
Postfach
3000 Bern 8
E-Mail-Adresse: Info.ra.dij@be.ch

Allgemeine Rückmeldung

Gerne nutzen die Demokratischen Jurist*innen Bern (djb) die Gelegenheit zur
Stellungnahme zur Änderung des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege
(VRPG).

Die djb begrüssen grundsätzlich die Einführung des elektronischen
Rechtsverkehrs im kantonalen Verwaltungsprozess. Insbesondere die elektronische Aktenführung und die damit verbundene Möglichkeit der
Akteneinsicht in elektronischer Form bringt eine Vereinfachung der anwaltlichen
Tätigkeit.

Die djb geben zu Bedenken, dass kantonale Lösungen problematisch sind, da
viele Anwält*innen in mehreren Kantonen tätig sind. Es ist zu vermeiden, dass
Anwält*innen sich in bis zu 26 Kantonen je registrieren und mit den Eigenheiten
des jeweiligen kantonalen Übermittlungssystems vertrauen machen müssen.
Die djb fordern daher eine gesamtschweizerische Lösung bzw. eine Interoperabilität zwischen den kantonalen Lösungen und zwischen den
Kommunikationswegen im Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozess.

Anträge und Bemerkungen zur Vorlage

Art. 15a

Die djb fordern ein gesamtschweizerisches elektronisches Übermittlungssystem
und dass das Übermittlungssystem vom Bund oder vom Kanton Bern betrieben
wird. Zudem sollen die bisherigen Kommunikationsmittel für die elektronische
Signatur weiter genutzt werden können.

Die djb befürchten einerseits eine unübersichtliche Vielzahl von Übermittlungssystemen. Es gilt zu bedenken, dass viele Anwält*innen in mehreren Kantonen tätig sind. Aus Sicht der djb ist eine gesamtschweizerische
Lösung anzustreben, welche für den Zivil-, den Straf- und den Verwaltungsprozess einheitlich ist.

Aus Gründen der Datensicherheit und des Datenschutzes lehnen es die djb ab,
dass das Übermittlungssystem von Privaten betrieben wird.

Art. 15b

Die Registrierungspflicht für "andere Personen, die bereit sind, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen die Vertretung zu übernehmen" in Abs. 1 lit. b
sei zu streichen.

Die freiwillige Registrierung in Abs. 2 sei zu streichen, sofern keine "opting-out"-
Möglichkeit vorgesehen ist.

Die Registrierungspflicht hat weitreichende Folgen. Deren Anwendung auf eine
im Voraus nicht bestimmte Personengruppe ist nicht erforderlich und zu
unbestimmt.

Die freiwillige Registrierung würde primär Privatpersonen betreffen, die im
Umgang mit Behörden und mit den Abläufen eines Verfahrens wenig vertraut
sind. Da die Vorlage keine "opting-out"-Möglichkeit vorsieht, können die Folgen
der Registrierung für Privatpersonen unerwünschte Wirkungen haben. Sollte an
der freiwilligen Registrierung festgehalten werden, fordern die djb, dass diese
Personen die Registrierung ohne Angabe von Gründen widerrufen können und
das Verfahren nach dem Widerruf schriftlich weitergeführt wird.

Art. 32a

Abs. 3 und 4 seien so zu formulieren, dass freiwillig Registrierte die Registrierung jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen können und das
Verfahren nach dem Widerruf schriftlich weitergeführt wird. Freiwillig Registrierte werden in erster Linie Privatpersonen sein. Da sie im Umgang mit den Rechtsmittelbehörde wenig Erfahrung haben dürften und die Tragweite der Registrierung zu Beginn u.U. nicht erfassen, soll muss es möglich sein, die freiwillige Registrierung jederzeit widerrufen zu können. Die besonderen Umstände, welche für den Widerruf verlangt sind, dürften für Private schwer zu begründen sein und dürften in der Praxis zu Auslegungsproblemen führen. Somit ist auf das Vorliegen besonderer Umstände zu verzichten.

Art. 42a

Die Formulierung in Art. 42a Abs. 1 muss angepasst werden. Aus Abs. 1 ergibt sich aus Sicht der djb nicht klar, wann die Frist gewahrt ist. Es bedarf deshalb einer Aufschlüsselung des Satzes in Teilsätze, damit auch für Laien klar ist, wann die Frist gewahrt ist.

Die djb schlagen Folgendes vor:
Bei elektronischen Eingaben ist zur Wahrung der Frist der Zeitpunkt der vom
Übermittlungssystem ausgestellten Quittung massgebend. Dieser Zeitpunkt wird mit der Quittung der Entgegennahme der Dokumente (Eingangsquittung)
ausgewiesen.

Art. 44

Abs. 1a sei so umzuformulieren, dass die elektronische Durchführung des Verfahrens, an denen freiwillig Registrierte beteiligt sind, erst dann gestattet ist,
wenn diese Kenntnis vom Verfahren haben. Für freiwillig registrierte Personen, stellt die elektronische Durchführung des Verfahrens eine zu grosse Verantwortung. Dies gilt erst recht dann, wenn die freiwillig registrierten Personen keine Eingabe gemacht haben und somit u.U. keine Kenntnis vom Verfahren haben.

Art. 44

Die Zustellungsfiktion darf bei Privaten nur auf dem postalischen Weg gelten,
nicht jedoch im Übermittlungssystem. Für freiwillig registrierte Personen, stellt die elektronische Durchführung des Verfahrens eine zu grosse Verantwortung dar. Dies gilt erst recht dann, wenn die freiwillig registrierten Personen keine Eingabe gemacht haben und somit u.U. keine Kenntnis vom Verfahren haben.

Die Stellungnahme finden Sie hier als pdf.