So wurde etwa der Antrag auf Ausdehnung der unentgeltlichen Mediation auf alle Verfahren mit 43 zu 43 Stimmen und ablehnendem Stichentscheid der GR-Präsidentin abgewiesen und der folgende Antrag auf Ausdehnung mindestens auf alle familienrechtlichen Angelegenheiten (nicht bloss kindsrechtlicher Art) mit 44 zu 43 Stimmen mit einer Enthaltung angenommen (Abstimmung mit Namensaufruf!). Mit Blick auf die praktische Umsetzung wies Anita Heer auf die besondere Bedeutung der neuen gesetzlichen Pflicht der Gerichte hin, die Parteien über die Möglichkeit einer Mediation zu informieren.

In einem zweiten Inputreferat zeigte Marco Ronzani, der die Entwicklungen als erfahrener Mediator, Konfliktcoach und Berater von Organisationen und Unternehmen mit Neugierde verfolgt, auf, dass es (trotz verbreiteter Skepsis) allein aufgrund von Plausibilitäten sehr gute Gründe gibt, die Mediation – als Alternative zu  Gerichts- und Schlichtungsverfahren - zu fördern: Neben ohne weiteres plausiblen Kosten- und Zeit-Vorteilen der Mediation wies er vor allem auf die immanente Überlegenheit der Mediation hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Ergebnisse hin: Vereinbarungen aus einer Mediation erreichen grundsätzlich höhere Nachhaltigkeit, weil Ziel der Parteien in einer Mediation ein Ergebnis ist, an das sich beide halten können und werden; zu diesem generellen Effekt kommt mit der gerichtsnahen Mediation nun noch zusätzlich hinzu, dass das Ergebnis durch gerichtliche Genehmigung die gleiche Festigkeit (Vollstreckbarkeit) erlangen kann wie ein Urteil. Marco Ronzani zeigte weiter auf, dass die praktische Bedeutung der Neuerungen wesentlich davon abhängen wird, ob die Dienstleitungen der Mediation für das Publikum und andere Involvierte leicht und in guter Qualität zugänglich ist. Er stellte anschaulich dar, welche Nutzen eine Informations- und Vermittlungsstelle, wie sie von der Basler Gruppe der Koordination Mediation Schweiz zur Zeit aufgebaut wird, bringen kann.

Anschliessend an diese Referate eröffnete die Moderatorin Ursula König, einer der erfahrensten Mediatorinnen der Schweiz, eine lebhafte Diskussion. Judith Natterer als Wirtschaftsanwältin und Mitglied der Advokatenkammer BS konnte zunächst berichteten, dass die Advokatinnen und Advokaten ein grosses Interesse am neuen Institut zeigten. Sie hätten heute allerdings noch Schwierigkeiten wie sie ihren Klientinnen und Klienten Mediation und ihren Nutzen erklären sollten, wenn diese einen Entscheid wünschten, ein eindeutiges Ziel vor Augen hätten und eine klare Kostenkalkulation erwarteten. Ausserdem wies sie daraufhin, dass Anwältinnen und Anwälte aus verständlichen Gründen die Mediatoren auch als Konkurrenten empfinden könnten. Weiter wies sie daraufhin, dass in der Wirtschaft ein grosses Potential für die Mediation bestehe, vor allem wegen der möglichen Kosten- und Zeitersparnisse und - wie aus dem Publikum ergänzt wurde – der diskreteren Konfliktaustragung, die bei Gericht bekanntlich öffentlich und medial zugänglich sei. Sie war der Meinung, dass das Potential über die obersten Führungsebenen und die Rechtsabteilungen der Unternehmen erschlossen werden sollte. Andreas Heierli, Präsident am Zivilgericht Basel-Stadt und selbst ausgebildeter Mediator wies daraufhin, dass an den Gerichten heute schon den konsensuellen Verfahren ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt werde. Es sei daher wichtig, dass Mediation nicht gegen Gerichtsverfahren ausgespielt würde, sondern Mediation als eine sinnvolle Alternative zu Gerichtsverfahren erkannt und anerkannt werde. Elisabeth Lehmann, Anwältin und Familienmediatorin mit langer Erfahrung in Scheidungsmediationen, wies daraufhin, dass Richterinnen und Richter und Anwältinnen und Anwälte quasi gesetzt seien und Mediatorinnen und Mediatoren sich erst bewähren müssten. Es sei daher besonders wichtig, dass jetzt in der Mediation hohe Qualitätsstandards erreicht würden, damit in der Gesellschaft und bei den Interessengruppen Vertrauen in die Mediation und ihre Wirksamkeit entstehen könne.

Aus dem angeregten Publikum kamen viele Fragen. Es wurde deutlich, dass ein grosser Bedarf nach Information über Mediation und vor allem nach praktischer Erfahrung mit Mediation – in welcher Rolle auch immer – besteht. Es zeigte sich auch hier wieder, dass erst wenige Leute eine klare Vorstellung davon haben, was in einer Mediation passiert, wie es zu Lösungen und Vereinbarungen kommt und was der Unterschied zwischen einer Schlichtung und einer Mediation ist. Gerade bei stärker eskalierten Konflikten können sich die meisten Leute noch nicht vorstellen, dass Mediation – professionell durchgeführt - ein wirksames Mittel zur Deseskalation und Wiederherstellung einer kooperativen Kommunikation ist.