Der Transmann und die Transfrau müssen klar von Begriffen wie z. B. Transsexuelle und Dragqueens abgegrenzt werden, damit überhaupt verstanden werden kann, was ein Transmensch ist. Nach der Klärung der Begrifflichkeiten zeigte er auf, wie komplex die Thematik für die Transmenschen und ihr Umfeld  ist. Alleine der Zeitpunkt der Wahrnehmung des eigenen Transseins kann bei Transmenschen vom Kindergartenalter bis ins hohe Erwachsenenalter gehen. Das hat für jede Altersstufe eine ganz eigene Dimension. Neben der eigenen  Erkenntnis ist es auch eine grosse Herausforderung für das soziale  Umfeld. Wie gehen die Eltern damit um? Wie Ehepartner, Familie und Arbeitgeber? Udo Rauschfleisch wies darauf hin, dass in dieser Lebensphase das Umfeld und die Begleitung des Transmenschen sehr wichtig seien.

Die Wahrnehmung, dass das innere Bild, die Identität, und der Körper nicht übereinstimmen, kann Irritationen, Betroffenheit und Ängste auslösen. Es kann aber auch als Chance angesehen werden, die gesellschaftlich starren Bilder von Mann und Frau zu überdenken, und es kann zu einer neuen Perspektive der Geschlechter kommen. Die Bemühungen von Fachleuten, die an der Behandlung von Transmenschen beteiligt sind, führen letztlich zu einer Zementierung der dichotomen Auffassung der Geschlechter (es nur gibt Frauen oder Männer), wodurch die für unsere Gesellschaft charakteristische Zweiteilung der Geschlechter unangetastet bleibt. Hier stellt sich aus gendertheoretischer Perspektive die Frage, ob diese dichotome Aufteilung der Geschlechter wirklich die Lösung ist, oder ob nicht gerade die Transmenschen diese starre Aufteilung aufbrechen könnten?

Im Anschluss erläuterte Alecs Recher, Jurist, dipl. Heilpädagoge, Gründer des Trangender Netzwerkes Schweiz (TGNS) und Vorstandsmitglied TGEU, den juristischen Rahmen, in dem sich die Transmenschen bewegen. Im Schweizer Recht gibt es kein Transgendergesetz.  Die Gesetzgeber_innen und deren Anwender_innen stehen somit vor der Herausforderung, das geltende Recht an die Transgender speziefischen Anliegen anzuwenden. Es stellen sich juristische Fragen, ob frauenspeziefische Fluchtgründe im Aslybereich auch auf Transfrauen anwendbar sind, ob eine Transfrau auch vergewaltigt werden kann oder ob die Ehe nach der Geschlechterumwandlung bestehen bleibt? Erste explizite Nennungen wie in Art. 3 des Zürcher Personalrechts finden ihren Weg in die Gesetzbücher. Krankenkassen müssen heute die Kosten für die Geschlechterumwandlung als Pflichtleistung übernehmen. Fortschritte werden auch bei der Änderung des Namens und des amtlichen Geschlechts  gemacht. Es gibt erste Urteile, die für die Änderung des Geschlechts keine zwingende Fertilität mehr fordert. Es kann also sein, dass gleichgeschlechtliche Ehepaare legal Kinder haben können.

Ist es somit nicht langsam an der Zeit, von einigen zementierten Vorstellungen Abschied zu nehmen?

Durch den Abend führte Tarek Naguib, Jurist und Experte in Menschenrechtsfragen.