Vernehmlassung zur Teilrevision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB): Elterliche Sorge und Aenderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB Art. 220)

Wir danken Ihnen für die Möglichkeit, an der oben aufgeführten Vernehmlassung teilzunehmen. Wir gehen davon aus, dass zahlreiche Interessenverbände zur Neuregelung über die elterliche Sorge ihre, teils weit auseinander gehende Sicht der Dinge darlegen werden, sodass wir uns eher kurz halten möchten.

1.    Grundsätzliches
Für die DJS Schweiz ist die tatsächliche Verwirklichung der Gleichbehandlung der Geschlechter seit jeher ein Kernanliegen. Die bestehende Problematik rund um die Regelung des Sorgerechts ist hinlänglich bekannt. Wir begrüssen es daher, dass eine Verbesserung der rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen zur Förderung egalitärer Partnerschaftsmodelle angestrebt wird. Der Systemwechsel zum gemeinsamen elterlichen Sorgerecht als Regelfall ist grundsätzlich zu befürworten. Die Anzahl der Anträge auf Zuteilung der elterlichen Sorge an beide Eltern nimmt offensichtlich zu. Dies zeigt, dass dort, wo die verschiedenen Voraussetzungen für das Funktionieren einer gemeinsamen elterliche Sorge gegeben sind, diese bereits heute entsprechend vereinbart werden kann. Für diese Fälle ist daher eine Revision der elterlichen Sorge wie vorliegend aus unserer Sicht nicht notwendig.

Für diejenigen Fälle, wo die Gefahr besteht, dass ein gemeinsames Sorgerecht durch elterliche oder familiäre Machtspiele vereitelt werden könnte, sind die DJS Schweiz ebenfalls der Auffassung, dass dem Gericht entsprechende Kompetenzen gegeben werden sollen, um die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam zu belassen, vorausgesetzt es entspricht dem Kindeswohl und die gelebte Betreuungs- und Beziehungsrealität wird dabei genügend berücksichtigt.

Die vorgelegte Gesetzesrevision geht aber u.E. zu sehr von einem Idealfall aus, bzw. der bundesrätliche Entwurf befasst sich ausschliesslich mit dem Systemwechsel zur gemeinsamen elterlichen Sorge als Regelfall, der ganz offensichtlich (noch) nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.
In der vorliegenden Revision fehlen Überlegungen (und Lösungsvorschläge) zu weitergehenden Fragen wie beispielsweise:

- die egalitäre Aufteilung der finanziellen Folgen der während der Ehe gewählten Aufgabenteilung
- die Abklärung und der Mitbeinbezug aktenkundiger Gewalt- und Suchtproblematik
- die Berücksichtigung der Stellung des Kindes während der Scheidung (Anhörung/Verbeiständung)
- der (zwingende) Einbezug der Mediation als Instrument zur Verbesserung der Kooperationsfähigkeit der Eltern in Konflikten (u.a. auch beim Besuchsrecht).

Des weiteren möchten wir eindringlich darauf hinweisen, dass auch für den Fall der Auflösung von
eingetragenen Partnerschaften dieselbe gesetzliche Möglichkeit geschaffen werden muss, dem Kind die Fortführung der aufgebauten Beziehung zu dem Co-Elternteil zu sichern. Im Sinne des Kindeswohles dürfen Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen aufwachsen, bei deren Trennung nicht mehr länger schlechter gestellt werden wie Kinder aus heterosexuellen Ehen. In diesem Sinne ist in das Revisionsvorhaben unbedingt auch eine vergleichbare Revision des Partnerschaftsgesetzes aufzunehmen.

Aus diesen und weiteren Gründen, die von den unterschiedlichen Interessenvertretungen vorgebracht werden, sind die DJS der Ansicht, dass auf die vorgelegte Teil-Revision verzichtet werden sollte - zugunsten eines umfassenderen Revisionsvorschlags, der möglichst allen Einwänden und Vorstellungen gerechter wird.


2.    Änderung von Art. 220 Strafgesetzbuch
Die DJS lehnen eine Erweiterung des Art. 220 StGB auf die Verweigerung des Besuchsrechts ab. Eine solche Regelung widerspricht einerseits ganz klar dem Kindeswohlgedanken und setzt zudem den obhutsberechtigten Elternteil enorm unter Druck. Dass der hauptbetreuende Elternteil wegen Verweigerung des Besuchsrechts inhaftiert werden kann, ist bezüglich des Kindeswohls äusserst bedenklich und darf so auf keinen Fall vorgesehen werden: Im tatsächlichen Einzelfall wären die Kinder während dreier Jahre mit der Situation konfrontiert, dass der obhutsberechtigte El-ternteil im Gefängnis sitzt, der besuchsberechtigte Elternteil aus persönlichen und/oder beruflichen Gründen nicht in der Lage ist, sich während dieser Zeit gebührend um sie zu kümmern (Obhut), sodass sie während der Dauer der Freiheitsstrafe fremdplatziert werden müssten – mit allen damit verbundenen Konsequenzen.

Die Möglichkeit einer Inhaftierung oder hohen Geldstrafe - und damit verbunden die Angst und eine stete Bedrohungssituation - gäbe Elternteilen mit Vergeltungswünschen ein Machtmittel in die Hand, dessen Leidtragende letztlich auch wiederum die Kinder wären. Ausserdem müsste aus Gleichstellungsüberlegungen heraus auch eine vernachlässigte Besuchspflicht entsprechend gleichwertig sanktioniert werden, was wohl kaum die Absicht des Gesetzgebers ist.

Mit der vorgesehenen Verschärfung des Strafrechts würde einmal mehr zum Mittel der Schaffung eines neuen Delikts gegriffen, anstatt andere Möglichkeiten zu prüfen, die für die Betroffenen (nach wie vor wohl mehrheitlich Frauen, die oft auch finanziell nicht auf Rosen gebettet sind) wie auch für die Kinder und das familiäre Umfeld erträglicher sind. Die bestehende Möglichkeit der Bussenerteilung bei Verweigerung der Übergabe des Kindes an die besuchsberechtigte Person gemäss Art. 292 StGB muss hier als strafrechtliche Sanktion genügen. Die DJS sind daher der Ansicht, dass auf die vorgesehene Erweiterung des Art. 220 VE-StGB ersatzlos verzichtet werden muss: Die Androhung einer Freiheitsstrafe bei Verletzungen des Besuchsrechts ist unverhältnismässig, vermag dem Anspruch auf Gleichstellung nicht standzuhalten und liegt in keiner Art und Weise im Interesse und dem Wohl der Kinder.