Folgen der Durchsetzungsinitiative bzw. des Umsetzungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative. Ein Podium der Demokratischen Juristinnen und Juristen Basel und NEBS Basel

Ein Gespräch mit drei prominenten Juristen

Datum: 28. Januar 2016, um 19.00 h
Ort: Salon, 1. Stock Mitte (Gerbergasse 30, Basel)

Mit:
Heinrich Koller, alt Direktor Bundesamt für Justiz (1988 bis 2006)
Peter Albrecht, alt Strafgerichtspräsident Basel-Stadt (1978 bis 2002)
Niccolò Raselli, alt Bundesrichter (1995 bis 2012)

Moderation: Matthias Bertschinger

Eintritt frei / Apéro am Ende

Ausschaffungsinitiative und Durchsetzungsinitiative rütteln an den Grundfesten des Rechts. Die Abschaffung der Verhältnismässigkeit und deren Ersetzung durch Ausweisungsautomatismen sind rechtlich unhaltbar. Darin sind sich Juristinnen und Juristen weitgehend einig. Aber was passiert nach dem 28. Februar 2016? Hier gehen die Meinungen auseinander.

Mit dem Podium möchten wir den Fokus auf die Folgen eines Inkrafttretens der Durchsetzungsinitiative bzw. des Inkrafttretens des Umsetzungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative legen.

Was passiert bei einem Ja am 28. Februar? Ist die neue Verfassungsbestimmung direkt anwendbar? Entbindet sie die rechtsanwendenden Behörden von der Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips? Sind die Kantone auf ein Ja vorbereitet? Oder muss das Umsetzungsgesetz auch bei einer Annahme der Durchsetzungsinitiative in Kraft gesetzt werden (Art. 190 BV)? Oder geht das Umsetzungsgesetz zurück in die parlamentarische Beratung?

Was passiert bei einem Nein? Kann das Bundesgesetz wort- und sinngetreu angewendet werden? Ist die automatische Ausweisung ohne Berücksichtigung der Schwere der Tat, des Verschuldens und der Tatumstände etwa verhältnismässiger als die automatische Ausschaffung ohne Berücksichtigung der persönlichen Situation? Ist also nicht nur die Initiative «barbarisch» (Raselli), sondern das Umsetzungsgesetz ebenfalls, einfach in anderer Hinsicht? Was sagen die Befürworter der Initiative, wenn dem Volk eröffnet werden muss, dass auch das Umsetzungsgesetz – anders als im Vorfeld der Abstimmung häufig behauptet – nicht kompatibel mit der Verfassung, internationalen Menschenrechtsgarantien sowie dem übrigen Völkerrecht (namentlich dem Freizügigkeitsabkommen) ist? Wenn also, anders als behauptet, dieses Gesetz auch nicht wort- und sinngetreu angewendet werden kann? Werden die Initianten den Gegnern zu Recht vorwerfen, das Volk «einmal mehr» hinters Licht geführt und gegen Treu und Glauben verstossen zu haben? Was bedeutete dies für die Verfechter des Rechtsstaats?

Sodann: Wird die Justiz dem politischen Druck standhalten können und das Recht weiterhin über Unmutsäusserungen einer Mehrheit stellen? Und schliesslich: Wo bleibt die Grundsatzdebatte, dass in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung eine Mehrheit nicht ihre Grundlagen beseitigen kann, als da wären: Rechtlicher Schutz der unteilbaren Freiheit und unantastbaren Menschenwürde? Müsste nicht diese Debatte geführt werden, die sich um die Frage dreht, ob in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung der Volkswille vorgespurt ist, vorgespurt sein muss?

Diese und weitere spannenden Fragen, die weit über das Ziel hinaus weisen, den Stimmberechtigten ein Nein zur Durchsetzungsinitiative ans Herz zu legen, sollen im Rahmen eines Podiums mit spannenden Gästen erörtert werden.

Wir freuen uns auf Ihr Erscheinen!

Organisatorinnen:
Neue Europäische Bewegung Schweiz (Nebs) Sektion Basel
Demokratischen Juristinnen und Juristen Schweiz (DJS) Sektion Basel

Medienpartner:
TagesWoche

Bezug zu «Europa» verstanden als Wertegemeinschaft:
Den Grundgehalten der freiheitlich-demokratischen Ordnung kommt schon von ihrem Sinn her grundsätzlich Vorrang zu, und man wird vom Bürger auch nur dann verstanden, wenn man diesen Sinnzusammenhang, welcher die freiheitlich-demokratische Ordnung ist, ins Zentrum der Diskussionen über die Frage stellt, ob das Volk immer Recht hat. Für das Verstehen ist völlig unerheblich, ob diese Grundgehalte im Völker- oder Landesrecht kodifiziert sind. Die Grundgehalte unserer Verfassung reflektieren einen gemeinsamen, europäischen, aufklärerischen Wertekanon, den wir in unserem eigenen Interesse und als etwas Eigenes respektieren und nicht, um Konflikte mit «fremden» Vertragsparteien zu vermeiden.

Texte von Niccolò Raselli zur Durchsetzungsinitiative auf der Webpage des Vereins «Unser Recht» (welchem beizutreten hier jeder Juristin, jedem Juristen herzlich empfohlen sei):

http://www.unser-recht.ch/de/texte-newsformat/datails.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=1132&tx_ttnews%5BbackPid%5D=21&cHash=d65443682d7e2c65ba746fe69be660ca

http://www.unser-recht.ch/de/texte-newsformat/datails.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=1133&tx_ttnews%5BbackPid%5D=21&cHash=41b5e88316b58bc8f0c8ed36f13412ad

http://www.unser-recht.ch/de/texte-newsformat/datails/browse/1.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=1131&tx_ttnews%5BbackPid%5D=21&cHash=408e60b7dd691444c70e9a755512850f