Prises de position 2023

Stellungnahme der DJS vom 2. Oktober 2023

Die vorgeschlagene Revision reiht sich in eine stetige Verschärfung der rechtlichen Grundlagen des Bestrafens während der letzten Jahrzehnte ein. Im Vorentwurf zur Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs durch Prof. Schultz war noch vorgesehen, die Möglichkeit der bedingten Entlassung bereits nach der Hälfte der verbüssten Strafdauer zu gewähren und die lebenslange Freiheitsstrafe ersatzlos abzuschaffen.[1] Nach Missachtung dieses – auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden – Vorschlags, wurde der heute geltende Zustand geschaffen. Mit der vorgeschlagenen Revision sollen die rechtlichen Vorgaben nun nochmals verschärft werden, indem die Entlassung nach der Hälfte der verbüssten Strafdauer ersatzlos gestrichen und der frühestmögliche Zeitpunkt der bedingten Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe verlängert werden soll. Dies lehnen die DJS aus grundrechtlichen Überlegungen und aufgrund des Bestrebens, das staatliche Handeln in einem aufgeklärten Staat basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gestalten, ab.

Die lebenslange Freiheitsstrafe wurde als «Ersatz» der Todesstrafe eingeführt, und stellt weiterhin eine Verbindung dieser Bestrafung zum aktuellen Strafgesetzbuch her.[1] Insofern möchte die lebenslange Freiheitsstrafe – wie die Todesstrafe – Personen «eliminieren», was ein Relikt aus eigentlich längst überwundenen Zeiten darstellt.

Die DJS erachten es als nicht sinnvoll, die ausserordentliche bedingte Entlassung abzuschaffen; im Gegenteil erscheint es sinnvoll, dieses Instrument weiter auszubauen.

Die DJS lehnen die vorgeschlagene Erhöhung des frühestmöglichen Zeitpunkt der bedingten Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe auf 17 Jahre ab, da dessen Notwendigkeit nicht ersichtlich ist, sie präventiven Schaden anrichtet und die Möglichkeiten zur Einzelfallgerechtigkeit verkleinert.

Die vorgeschlagene Revision des Übergangs des Vollzugs der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Verwahrung ist grundsätzlich begrüssenswert. Jedoch scheint sie in mehreren Punkten nicht zu Ende gedacht zu sein.

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[1] Bericht BR Postulate, S. 7, m.w.H.

[1]  Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Postulate 18.3530 Caroni Andrea und 18.3531 Rickli Natalie (Schwander Pirmin) zur Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten vom 25. November 2020 (zit. Bericht BR Postulate), S. 8, 12; Christoph Urwyler, Die Praxis der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug, Berlin/Bern 2020 (zit. Urwyler), S. 30, 371.

Stellungnahme der DJS vom 15. September 2023

Der Gesetzesvorschlag bezweckt eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes und ist mit dem Sachbegriff "Leistungsschutzrecht für journalistische Veröffentlichungen" überschrieben. Beides erscheint als äusserst problematisch. Zum einen sieht der Gesetzesentwurf gar kein Leistungsschutzrecht vor, sondern statuiert lediglich einen Vergütungsanspruch zugunsten bestimmter, nicht weiter definierter "Medienunternehmen". Zum andern knüpft dieser Vergütungsanspruch entgegen der Überschrift nicht an die Veröffentlichung journalistischer Inhalte an, sondern an die Verlinkung auf bereits früher veröffentlichte journalistische Inhalte, bei denen es sich darüber hinaus nicht einmal um urheberrechtlich geschützte Werke handeln muss. Zum dritten erbringen die gemäss Gesetzesentwurf am Anspruch Berechtigten, also die Medienunternehmen, keine urheberrechtlich oder durch ein verwandtes Schutzrecht geschützte Leistung, weshalb ein Bezug zum Urheberrechtsgesetz fehlt.

Wir halten einen Bedarf nach Gesetzgebung in diesem Bereich nicht für gegeben und beurteilen den Gesetzesvorschlag als verfehlt. Sollte doch an einer urheberrechtlichen Regelung festgehalten werden, so müsste diese im Sinne unseres Gegenvorschlags an die einzig urheberrechtlich relevante Leistung im Bereich des Journalismus, nämlich an die Schaffung journalistischer Werke, anknüpfen.

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Stellungnahme der DJS vom 19. Juni 2023

Die Auswertung von Handys und anderen Datenträgern von Asylsuchenden stellt jedoch angesichts der umfangreichen, oft sehr intimen Daten, einen massiven Eingriff in dieses Recht dar. Denn dabei werden nicht nur persönliche Daten wie Kontakte, Nachrichten und Fotos erfasst, sondern auch politische Überzeugungen, religiöse Ansichten und andere private Informationen. Die Verordnungsbestimmungen berücksichtigen unzureichend, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Schutz der Privatsphäre handelt. Es ist unerlässlich, dass die Verordnung eindeutig festlegt, dass die Auswertung von Datenträgern einzig als letztes Mittel angewendet werden darf d.h. nur dann, wenn nachgewiesen wurde, dass keine anderen weniger einschneidende Massnahmen für die betroffene Person zur Verfügung stehen. In Bezug auf das Auswertungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass die Asylsuchenden laut Verordnungsentwurf weniger Verfahrensgarantien erhalten sollen als Beschuldigte in einem Strafverfahren. Insbesondere haben die Asylsuchenden praktisch keine Möglichkeit, sich gegen diesen Eingriff zu wehren. Der Verordnungsentwurf läuft zudem diversen datenschutzrechtlichen Grundsätzen wie der Zweckangemessenheit und Datenminimierung aber auch der Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Datenverarbeitung. Die vorgeschlagene Regelung erfüllt die Anforderungen des neuen Datenschutzgesetzes nicht. Der Verordnungsentwurf läuft zudem diversen datenschutzrechtlichen Grundsätzen wie der Zweckangemessenheit und Datenminimierung aber auch der Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Datenverarbeitung.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ausreichende Abklärungen und Erläuterungen sowie eine hinreichende Risiko- und Folgenabschätzung, wie den verschiedenen Problemen und Fragen hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit, Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre, Verhältnismässigkeit und Datenschutz tatsächlich Rechnung getragen werden soll, fehlen. Aus Sicht der DJS sind daher aufgrund der gravierenden Lücken substanzielle Verbesserungen am Vorentwurf erforderlich.

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Stellungnahme vom 31. Januar 2023

Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung sind durch das zwingende Völkerrecht absolut verboten. Seit langem besteht Klarheit, dass die Kontrolle des Handels mit Ausrüstungsgegenständen, die zu Folter und anderen Formen der Misshandlungen genutzt werden, eine entscheidende Massnahme ist, die Staaten proaktiv ergreifen können, um ihre Verpflichtung zur weltweiten Verhinderung von Folter zu erfüllen. Dazu gehören nicht nur dezidiert missbräuchliche Instrumente, die speziell für Folter und andere Misshandlungen verwendet werden und die verboten werden müssen, sondern auch Ausrüstungen für die Strafverfolgung, die einen legalen Zweck haben, aber oft missbraucht werden. Aus der positiven Verpflichtung, Folter und andere Misshandlungen zu verbieten und zu verhindern, leitet sich die Pflicht ab, den Handel mit diesen Ausrüstungsgegenständen zu regulieren. Dennoch floriert der Handel mit Folterwerkzeugen in vielen Teilen der Welt weitgehend unreguliert, was den Täter*innen einen leichten Zugang zu einer breiten Palette von Produkten ermöglicht. Der umfangreiche Handel und die leichte Verfügbarkeit von Folterwerkzeugen stehen in krassem Gegensatz zu den schrecklichen Auswirkungen von Folter und anderen Misshandlungen und den klaren Verpflichtungen der Staaten, diesen ein Ende zu setzen.

Stellungnahme der DJS vom 8. März 2023

Opfer häuslicher Gewalt mit Migrationshintergrund leben häufig mit der Angst, ihren Aufenthaltstitel zu verlieren, sobald sie sich von der Person trennen, die ihnen gegenüber Gewalt ausübt, wenn ihr Aufenthaltstitel direkt an diese Person gebunden ist. Der wichtigste Schritt zum Schutz vor häuslicher Gewalt besteht jedoch oftmals in der Trennung. Die DJS begrüssen vor diesem Hintergrund die Grundzüge von Art. 50 AIG und sehen darin die Chance, einen konsequenten Opferschutz unabhängig vom Aufenthaltstitel durchzusetzen.