Beschwerde beim Bundesgericht gegen das «ausgedehnte Bettelverbot»
Nachdem am 23. Juni 2021 der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt der Einführung eines sogenannten «ausgedehnten Bettelverbots» zugestimmt hat, haben sich die DJS Basel und weitere Beschwerdeführende dazu entschieden, die neuen Regeln mittels sogenannt abstrakter Normenkontrolle beim Bundesgericht anzufechten. Die Beschwerde richtet sich gegen diejenigen Bestimmungen des §9 ÜStG/ BS, die nach unserer Einschätzung für sich genommen oder in ihrer Gesamtheit gegen Bundesrecht, Völkerrecht und kantonales Verfassungsrecht verstossen.
Einen Verstoss gegen die Garantien der EMRK und des Bundesrechts sehen wir insbesondere in § 9 Abs. 1 lit. a ÜStG/BS (Betteln in organisierter Art und Weise), der jegliche Form der (Selbst-)Organisation von bettelnden Menschen auch im Rahmen eines passiven Bettelns und innerhalb von Familien mit Strafe bedroht. Ebenfalls angefochten wurden die Bestimmungen in §9 Abs. 2 lit. b-g ÜStG/BS (örtliche Einschränkung erlaubten Bettelns), die dazu führen, dass das Betteln in der Innenstadt, aber auch an fast allen anderen Orten mit Publikumsaufkommen quasi verunmöglicht wird. Schliesslich beantragen wir auch eine Prüfung von §9 Abs. 3 ÜstG/BS wonach die erlangten Vermögenswerte, die eigentlich zur Linderung der Notsituation gedacht sind, sichergestellt und eingezogen werden dürfen.
Gerügt wurde vor Bundesgericht insbesondere auch, dass die angefochtenen Tatbestände aufgrund ihrer Unbestimmtheit den einzelnen Polizeibeamt*innen in der Praxis ein zu grosses Ermessen einräumen, was eine diskriminierende und willkürliche Rechtsanwendung begünstigt.
Obwohl unserer Meinung nach auch §9 Abs. 2 lit. a ÜStG/BS (Betteln in aufdringlicher oder aggressiver Art und Weise) nicht unproblematisch ist, haben wir im Hinblick auf die Möglichkeit einer grundrechtskonformen und verhältnismässigen Auslegung in der Praxis, welche alle Interessen berücksichtigt, bewusst auf eine Anfechtung verzichtet.
Das Rechtsmittel der abstrakten Normenkontrolle dient als rechtsstaatliches Korrektiv gegen kantonale Erlasse, welche die verfassungsmässigen Rechte der betroffenen Personen, zu denen insbesondere die Grundrechte gehören, übermässig einschränken. Wir haben uns gemeinsam mit den weiteren Beschwerdeführenden dazu entschieden, dieses Rechtsmittel zu ergreifen, um den Schutz der Grund- und Menschenrechte insbesondere jener Menschengruppen, die bereits am Rande der Gesellschaft stehen und sich nicht selbst Gehör verschaffen können, zu wahren.